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"Angekommen – Willkommen! Zuhause?" / Neujahrsempfang im Bremer Rathaus

Böhrnsen: "Bremen braucht Zuwanderung. Bremen muss weltoffen und tolerant bleiben. Das ist ein Gebot der Menschlichkeit, und es ist keine Last für uns"

Zum Neujahrsempfang des Senats begrüßte Bürgermeister Jens Böhrnsen heute (Mittwoch, 14. Januar 2015) rund 500 Gäste in der Oberen Rathaushalle. In seiner Rede stellte der Bürgermeister das friedliche Zusammenleben in einer demokratisch solidarischen Gesellschaft in den Vordergrund. Anlässlich der Mordanschläge in Paris drückte er dem französischen Volk und den Angehörigen der Opfer seine Anteilnahme aus. Jetzt komme es darauf an, geeint und mit festen Willen zu Verständigung und gegenseitigem Verstehen die Werte des Zusammenlebens in Frieden und Freiheit gegen Hass und Intoleranz zu verteidigen. Böhrnsen: "Wir dulden keine antisemitischen, islamfeindlichen oder fremdenfeindlichen Parolen in unserer Stadt. Wir setzen auf ein friedliches Miteinander aller Menschen in unserer Stadt und wir pflegen den Dialog zwischen allen Kulturen, Religionen und Weltanschauungen. "Untermalt und gekrönt" (Böhrnsen) wurde der Empfang durch die musikalische Begleitung der Bremer Philharmoniker unter der Leitung von Rolando Garza Rodriguez, seit kurzem Spielleiter beim Bremer Theater.

Bürgermeister Jens Böhrnsen spricht in der Oberen Rathaushalle zu den Gästen des Neujahrsempfangs
Bürgermeister Jens Böhrnsen spricht in der Oberen Rathaushalle zu den Gästen des Neujahrsempfangs

Bürgermeister Böhrnsen betonte: "Frankreich, Europa und die internationale Gemeinschaft sind erschüttert worden – heute vor einer Woche durch mörderische Anschläge auf unschuldige Menschen, auf die Menschlichkeit, auf die Werte der Demokratie." Dabei betonte er, dass man die Schuld nicht dem Islam als Religion geben könne. "Die Attentäter von Paris haben für sich in Anspruch genommen, im Namen des Islam zu handeln. Und sie haben damit dem Ansehen des Islam großen Schaden zugefügt. Deshalb will ich hier noch einmal ganz ausdrücklich betonen: Der weitaus überwiegende Teil, die Mehrheit der Muslime, die in Bremen und Bremerhaven wohnen, sind friedliebende Menschen, die genauso wie wir darüber entsetzt sind, welche Verbrechen im Namen ihrer Religion begangen werden. Und die diese grausamen Schandtaten mit uns zusammen verurteilen."

Angesichts der zurzeit zahlreichen Flüchtlinge stellte Bürgermeister Böhrnsen auch die große Bedeutung einer lebendigen Willkommenskultur heraus: "Noch nie sind in den vergangenen 20 Jahren in einem vergleichbaren Zeitraum so viel Menschen nach Deutschland und Bremen geflohen wie in den letzten Monaten." Dies stelle die Politik und die Gesellschaft vor große Herausforderungen. Ausdrücklich lobte Böhrnsen in diesem Zusammenhang die Unterstützung der Beiräte bei der Suche nach Flüchtlingsunterkünften und das solidarische Engagement in vielen Nachbarschaften. "Da werden Spielzeug und Kleidung gesammelt, da werden Flüchtlinge ganz konkret und individuell unterstützt, da werden Sprachkurse privat angeboten. Es gibt viele andere Bespiele, für die wir dankbar sind."

Jens Böhrnsen mit Bülent Uzuner, Virginie Kamche, Mariyam Beglaryan und Denis Pineda (von links)
Jens Böhrnsen mit Bülent Uzuner, Virginie Kamche, Mariyam Beglaryan und Denis Pineda (von links)

Passend dazu berichteten die Abiturientin Mariyam Beglariyan, geb. in Russland, Virginie Kamche, Bauingenieurin und gebürtig aus Kamerun, der türkischstämmige Unternehmer Bülent Uzuner sowie der aus Kuba emigrierte Arzt Dr. Denis Pineda über ihr Ankommen in Bremen. Im Gespräch mit Moderatorin Katja Pietsch schilderten sie ihre ganz persönlichen Erfahrungen und redeten über Herausforderungen und Chancen, die das Leben in einem neuen, fremden Land bietet. Dabei brachten sie jeweils deutlich zum Ausdruck, dass sie angekommen sind und Bremen sowie Deutschland als ihre Heimat empfinden.

Gleichzeitig verurteilte der Präsident des Senats jene, die durch eine ablehnende Haltung gegenüber Flüchtlingen und deren Schicksale einen politischen Profit schlagen wollen: "In einer Gemengelage von rechter politischer Verführung, im Ausnutzen von persönlichen und sozialen Ängsten werden Aufmärsche organisiert, die fremdenfeindliche, nazistische und antisemitische Vorurteile bedienen." Man werde Menschen, die Sorgen und Ängste haben, nicht dafür verurteilen. "Aber wir dürfen von ihnen erwarten, dass sie sich informieren, dass sie sich von Alt-Nazis und von neuen rechten Rattenfängern distanzieren."

Mit Bezug auf die am 10. Mai anstehenden Bürgerschaftswahlen im Land Bremen ergänzte Böhrnsen: "Gruppierungen und Parteien, die ihren Erfolg auf Ausgrenzung, auf Respektlosigkeit, ja sogar auf Fremdenfeindlichkeit, Antisemitismus oder Rassismus aufbauen, wollen wir nicht. Wir wollen in Bremen ein Parlament der Demokraten, die das Grundgesetz leben. Und es nicht mit Füßen treten." Deshalb komme es auf eine möglichst hohe Wahlbeteiligung und ein klares Bekenntnis der Demokraten zur Demokratie an.

Auch im kommenden Jahr werde man sich gezielt für eine Gleichheit in allen Teilen der Stadt einsetzen. Dazu gehöre es beispielsweise, frühkindliche Bildungschancen in jenen Stadtteilen zu erhöhen, die allgemein als eher sozial randständig gelten. Deshalb strebt der Senat in der U3-Betreuung für eine Versorgungsquote von mindestens 50 Prozent in allen Stadtteilen an. Bildung sei das zentrale Mittel zum Durchbrechen des Teufelskreises von Armut und Perspektivlosigkeit, weshalb der Bürgermeister eine höhere Ganztagsschulversorgung erreichen möchte.

Abschließend betonte Jens Böhrnsen die Bedeutung der Wirtschaft. "Die Grundlage, um eine Politik des Ausgleichs und des sozialen Zusammenhalts machen zu können, ist eine starke, eine wachsende Wirtschaft. In den vergangenen Jahren lag das Wirtschaftswachstum in Bremen über dem Bundesdurchschnitt. Es gibt Anlass zu Selbstbewusstsein, wenn Bremen kontinuierlich beim Bruttoinlandsprodukt an zweiter Stelle hinter der Nachbarstadt Hamburg liegt." Insbesondere hob er dabei die Rolle Bremens als Industrie- und Hafenstandort, die Luft- und Raumfahrt, aber auch die Automobilindustrie hervor: "Bremen war, ist und bleibt eine bedeutende Autostadt", fasste Böhrnsen zusammen.

Die Rede von Bürgermeister Böhrnsen zum Download (pdf, 201.7 KB)

Fotos: Senatspressestelle